Logo Händereiben in den Chefetagen von T-Online und United Internet (Web.de, GMX, 1&1): Der Fall Snowden dürfte den Firmen das nötige Medienecho für Ihre Kampagne “Internet made in Germany” bescheren. “Made in Germany” klingt ein wenig nach Nationalismus, aber so soll es sicher nicht verstanden werden. Die Unternehmen wollen vielmehr kommunizieren, dass

  1. die Übertragung von Emails der Kunden zum Provider künftig verschlüsselt wird;
  2. die Server der Firmen in Deutschland stehen.

Und das tun sie, die PR-Strategen haben den richtigen Zeitpunkt gewählt, wirklich gut.

Punkt 2 halte ich für wichtig und richtig, denn so (ich erwähnte es bereits) finden sich “Tatorte” eventueller ausländischer Zugriffe im Zuständigkeitsbereich deutscher Strafverfolgungsbehörden.

Punkt 1 hingegen sehe ich kritisch: denn die Verschlüsselung der Verbindung sollte lange Standard sein. Googlemail unterstützt sie z.B. seit langem, auch mein gemieteter Emailserver verschlüsselt die Verbindung mittels SSL/TLS bzw. STARTTLS. Dass die großen deutschen Emailanbieter nun auch diese Verbindung unterstützen, ist gut.

Leider ist der letztendliche Schutz für den Bürger durch “Internet made in Germany” aber nicht so groß wie die PR-Kampagne gut ist, denn

  • auch deutsche Server, die von deutschen Unternehmen unter den strengen deutschen Datenschutzgesetzen betreiben werden und insofern derzeit US-Unternehmen und -servern vorgezogen werden sollten, werden von den ausländischen Geheimdiensten ausgespäht (zumindest von denen);
  • die SSL/TLS-Verschlüsselung betrifft nur die Übermittlung vom Nutzer an den Provider, nicht die Email-Speicherung auf dem Server selbst (wie es z.B. Lavabit angeboten hat). Sonderlich schwer haben es die Geheimdienste also nicht.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Kampagne den bestehenden und eventuell neu hinzu kommenden Kunden ein trügerisches Gefühl von Sicherheit vermittelt. Verschlüsselte Verbindungen und die Unterstützung deutscher Unternehmen mit deutschen Servern sind derzeit aus meiner Sicht notwendig, um die Überwachung so nachvollziehbar und verfolgbar wie möglich zu machen – aber sie sind nur ein kleines Puzzleteil in der Wiedereroberung der Bürgerrechte.

Dieses Ziel können Internetfirmen und deren Kunden nicht alleine erreichen – dazu brauchen sie die nationale Politik, die die ausländische Überwachung aufklärt und deutlich verbietet.

Warum die Medien den Skandal nicht kommunizieren

Es ist Sommer, die Journalisten blicken ebenso wenig wie Politik durch und finden keinen Anpack – vielleicht machen sich’s der NDR-Beitrag und die darin zitierten Journalisten etwas leicht bei der Frage, warum der Riesenskandal nicht als Riesenskandal empfunden wird. Ich bin der Meinung, Skandale werden nicht durch die Medien erzeugt, sondern höchstens verstärkt oder abgemildert. Und wie die Umfrage belegt, wird das massenweise Ausspähen privater Daten von den Bürgern eben nicht als Skandal empfunden.
Aber dennoch: Viele Medien – da schließe ich meine Heimatzeitung ein – halten sich abgesehen von den Schlagzeigen aus dem Abhörskandal raus, auch wenn sie sonst jeden Furz und Feuerstein kommentieren. Dabei sind auch sie es, die Medien, und all ihre Konsumenten, die Vertraulichkeit in der Kommunikation brauchen.

(Danke, Michaela, für den Hinweis auf den Beitrag!)