Es nicht nicht alles Gold, was eine SIM ist!

Die E-Sim kommt. In den beiden nächsten Jahren, so plant die Telekom einem WELT-Artikel zufolge, soll sie die bisherige Plastik-Simkarte ablösen. Es gibt Gerüchte, das Iphone 7 und Samsung Galaxy S7 würden auf die Plastikkarten-Einschübe verzichten und ganz auf die E-Sim setzen. In 10 Jahren wird der Plastikchip laut Telekomplänen ausgestorben sein.

Seit Beginn der Mobilfunk-Ära waren die Plastik-Sims der Schlüssel zu unserem Handyvertrag – und zu sämtlichen damit verbundenen Daten. Wenn künftig E-Sims, also fest verbaute, programmierbare Chips in Smartphones und anderen Internetgeräten, vom Mobilfunkanbieter freigeschaltet werden können, ist das auf der einen Seite praktisch – kein Rumgefriemel mehr mit Simkarteneinschüben, keine Verzweiflung mehr über die falsche Simkartengröße (Standard, Micro, Mini oder Nano?)! Mehr noch: In Nullkommanix kann das frisch erworbene Tablet mit dem bestehenden Mobilfunktarif genutzt werden.

Das Problem: Über die Simkarte laufen höchst persönliche Daten. Nicht nur die jeweilige Handynummer ist dort gespeichert, sondern auch die Codes, mit denen der Mobilfunkanbieter weiß, um welchen Kunden es sich handelt – welche letzten Anrufe er getätigt hat, welche Internetseiten er angesurft hat und natürlich wie seine Adress- und Bankdaten sind. Vor allen Dingen weiß der Mobilfunkanbeiter bei einer eingelegten Simkarte aber immer, wo sich das Handy gerade befindet – d.h. in welchem Funkmast es gerade eingeloggt ist. Die Telekoms, Vodafones und O2s dieser Welt mögen mit diesen Daten vielleicht verantwortlich umgehen – vielleicht aber auch nicht. Bislang genügte jedenfalls das Entnehmen (Entfriemeln) der Plastik-Sim, um der Handyortung in sensiblen Situationen einen Riegel vorzuschieben. Eine neue Simkarte, erst recht sogar eine ohne Vertrag, hat bislang immer für ein Stückchen neuer Identität gesorgt. Denn das, was digital über mich vorliegt und somit be- oder ausgenutzt werden kann, besteht zu einem guten Teil aus Telefon-, Internet- und Bewegungsdaten. Wenn ich von hier auf jetzt meine Simkarte wechsle, bin ich – zunächst einmal – unsichtbar, weil die Verknüpfungen zwischen den bestehenden und den neuen Daten noch nicht besteht.
Doch was ist, wenn künftig der Sim-Chip direkt im Gerät verbaut ist, ich also nicht mehr „abtauchen“ kann, quasi einen Teil meines digitalen Schattenprofils abschütteln kann? Dann verliere ich einen (weiteren) Teil der Kontrolle über meine Daten.

Rein rhetorisch gefragt: Können wir sicher sein, dass nur Telekom, Vodafone oder O2 auf den Chip zugreifen und uns orten – und nicht etwa die Geheimdienste?

Mehr noch: Das “Internet der Dinge“, das künftig auch Geräte miteinander vernetzt, die bislang offline waren, also z. B. Kleidung und Haushaltsgeräte, bringt zweifelsohne viele Vorteile mit sich – ich denke an Wohnkomfort und Energieeinsparungen durch intelligente Heizungsysteme oder Sicherheit durch Überwachungsanwendungen. Durch E-Sims wird das Internet der Dinge aber weniger kontrollierbar. Denn wenn mein Kühlschrank, meine Uhr, mein Auto und das Spielzeug meiner Kinder im Netz sind, und zwar ohne dass ich den Schlüssel in der Hand halte (die Sim-Karte), verliere ich als Verbraucher sehr schnell die Übersicht über das, was sie in die weite Welt funken. Ich verliere die Kontrolle über die möglichen Zugriffspunkte für das Abzapfen persönlicher Daten.
Davon abgesehen wird im Internet der Dinge die Manipulation von Daten (sei es aus kriminellen, kommerziellen oder geheimdienstlichen Motiven) zu einer echten Gefahr, weil sie direkt in unserer Lebenswelt wirksam wird – um beim Beispiel des Kühlschranks zu bleiben: In der Küche! (Mehr dazu hier)

Die E-Sim wird Intergration des Internets in unser Leben befördern – aber die Kontrolle darüber gleitet uns Stück für Stück aus den Händen. Eine etwas kritischere Berichterstattung über die E-Sim wäre da angebracht.