Google ist in Sachen Datenschutz auf dem richtigen Weg – doch kommerzielle Datensammlung ist ohnehin das kleinere Problem.
Man kann Google nicht vorwerfen, die Datenschutzproblematik nicht ernst zu nehmen. Das ist zwar eher ein europäisches, wenn nicht: deutsches, Problem, aber offenbar scheint das Unternehmen seinen Nutzern grundsätzlich mehr Kontrolle über die eigenen Daten zugestehen zu wollen, und zwar möglichst komfortabel. Ich bezweifle, dass das den Googlechefs eine Herzensangelegenheit ist – immerhin verdienen sie mit unkontrolliert angegebenen Daten (der nicht ausgestellten Standortfunktion des Handies, der nicht ausgestellten Speicherung von Suchbegriffen usw.) viel Geld. Ich hoffe aber, dass Google und andere Unternehmen einsehen, dass die Kontrolle über Daten Vertrauen bei den Kunden schafft – Vertrauen, das dem Unternehmen auch durch die NSA-Affäre abhanden gekommen ist. Mein Vertrauen wächst durch die heute eingeführte Neuerung, auch wenn ich die Google-Dienste im Sinne der Datenhygiene nur sporadisch nutze (siehe Prism Break I II III IV).
Seit heute bietet das Megaunternhemen seinen Nutzern eine neue, komfortable Übersicht zur Datenkontrolle. Über „My Account“ lassen sich die Daten, die die Google Dienste zur Auswertung (und damit zur Erzeugung des digitalen Werbeprofils) bekommen, kontrollieren. Ich bin sicher, vielen Nutzern werden von den Diensten, die sie aktiviert haben, zum ersten Mal lesen und diese deaktivieren – es ist ja unglaublich, welche ervices das Googleuniversum mit den Jahren hinzuentwickelt bzw. hinzugekauft hat.
Eine erste Anlaufstelle sollte der „Privatsphäre-Check“ sein, der ähnlich Facebooks „Privatsphäre-Verknüpfungen“ einen Schnellzugriff auf die wesentlichen Optionen zur Datenweitergabe enthält.
Doch auch die anderen Punkte lassen sich dank eines übersichtlich gegliederten Aufbaus von „My Account“ rasch durchsehen. Ich denke, in 15 Minuten müsste jedes Google-Profil sicher sein (wobei: Was heißt sicher? Siehe unten).
Zusammen mit dem „Google Dashboard„, das Einstellungen zu den einzelnen Diensten bietet, ist My Account ein Schritt in die richtige Richtung.
Die Sorgen um meine Daten nimmt der Vorstoß mir jedoch nicht: Es ist wahrscheinlich, dass die NSA und das GCHQ noch immer Googles Rechenzentrum oder die Datenleitungen anzapfen – wie das im „Muscular“-Programm der NSA der Fall war/ist – und damit Zugriff auf alle, vergangene wie aktuelle, persönliche Daten und Infos haben. Und die habe ich – und das ist ein großer Unterschied zu kommerziellen Datensammlern wie Google oder Facebook – nicht unter Kontrolle. Wir Nutzer wissen nicht, welcher NSA-Beamte das auf Google Drive liegende oder per Email verschickte Nacktbilder zur Erheiterung oder Erregung nutzt. Wir wissen auch nicht, welche Schlüsse die Geheimdienste aus willkürlich zusammen gesuchten oder geklauten Daten zieht, geschweigedenn, ob sie der Wahrheit entsprechen. Als Worst Case Scenario könnte bei einer fehlerhaften Verknüpfung von Daten ein Einreiseverbot stehen, dass dem unbedarften Internetnutzer am Flughafen nicht erläutert wird. Genau dort, im nach wie vor massenhaften Abzapfen unserer Daten, vor allem durch die Nutzung kommerzieller Onlinedienste, liegt das Problem der gesamten Datensammlung.
Ich habe den Eindruck, dass Google und Facebook derzeit tun, was sie können, um Datenschutz (Nutzerwunsch) und Datensammlung (Geschäftsgrundlage) in eine Balance zu bringen. Es deutet aber leider nichts darauf hin (auch nicht der jüngst verabschiedete „Freedom Act“, der die Befugnisse der NSA reduziert), dass die Geheimdienste ähnlich über die überwachten Menschen: Denn wir sind nicht deren Kunden.