Ich habe mich ordentlich ertappt gefühlt.
Ein gutes Gefühl hatte ich auch vorher nicht, die Zugriffe auf meine Blogs ems-blick.de und spaehgypten.de von Google Analytics erfassen und auswerten zu lassen – zumindest seit dem Sommer 2013 nicht, als ich schlagartig datensensibel wurde.
Schließlich wird bei Googles Webseitentool Analytics das Verhalten der Seitenbesucher protokolliert und ausgewertet – also, wer sie sind, woher sie kommen und was sie mit welchem Gerät wie lange ansehen. Die Ergebnisse, und da wird’s kritisch, werden dann nicht nur dem Webseiten-/Blogbetreiber zur Verfügung gestellt. Das wäre OK, immerhin lernt er seine Leser/innen dann besser kennen und kann die Inhalte besser auf sie zuschneiden. Nein, die Daten bleiben natürlich auch (bzw. vor allem) in Googles Händen. Das Unternehmen, ein Datensammler allererster Güte, führt die Daten dann mit den anderen Infos über den Nutzer zusammen, die es über ihn bereits hat, z. B, weil er ein Smartphone mit dem „Google-Betriebssystem“ Android hat, ein Googlemailkonto oder Google Maps nutzt.
Die Analytics-Daten machen den „digitalen Zwilling“, den Google von jedem Nutzer und jeder Nutzerin angelegt hat, dem realen Menschen noch ähnlicher: Denn wo der Internetnutzer wie lange auf einer Webseite ist, ist für den Konzern sicher noch aussagekräftiger als seine Suchbegriffe: Denn was er liest oder sich anschaut, interessiert ihn. Und das ist für persönlich auf ihn zugeschnittene Werbung – Googles Geschäftsgrundlage – natürlich ein starkes Kriterium. Das Perfide bei Google Analytics: Es ist auf Webseiten nicht erkennbar. Viele Webseiten weisen nicht darauf hin, dass jede Seite im Prinzip das Surfverhalten der Nutzer untersucht.
Auch bei mir fehlte dieser Hinweis.
Insofern fühlte ich mich also mit meiner Inkonsequenz konfrontiert, als mich ein Bekannter auf Google Analytics auf meinen Blogs ansprach. Wie kann ich in meinem Blog Datensparsamkeit predigen, wenn ich dabei einem großen Internetkonzern beim Datensammeln helfe, und zwar ohne, dass die Nutzer davon erfahren? Das hat er so nicht formuliert, aber mich ließ dieser Gedanke nicht mehr los.
Es war eine Art Doppelmoral.
Deshalb bin ich froh und erleichtert, mit Piwik eine Alternative zu Google Analytics gefunden zu haben. Seit dem 8. März setze ich es auf meinen Blogs ein. Piwik ist ein Tool, dass ebenfalls die Daten nutzt und auswertet, die der Browser des Webseitenbesuchers ihm liefert. Aber: Die Daten sieht erstens nur der Webseitenbetreiber, und zweitens sieht er nur die. Weil er keine anderen Daten seiner Nutzer hat, z. B. seine Kalendereinträge kennt oder seinen Aufenthaltsort (wie Google über seine Dienste), sind die sichtbaren Daten anonym. Aussagekraft besitzen sie trotzdem.
Welcher Artikel wird am häufigsten gelesen? Wie viele Artikel lesen die Nutzer? Wie häufig klicken sie auf interne oder externe Verlinkungen? Das ist für den Webseitenbetreiber nützliches Wissen, kommt den Nutzern vielleicht mittelfristig zugute – und greift vor allem nicht in deren Privatsphäre ein.
Piwik vs. Google Analytics – ein erneuter Beleg, dass bei der Nutzung datensensibler Internetdienste der Komfort nicht auf der Strecke bleiben muss.
Und dass die Fastenzeit ein guter Zeitpunkt ist, um Verzicht zu üben – von unnötiger Datensammlung.