Vor einigen Tagen fand hier eine Demo gegen Überwachung statt. Obwohl mir die NSA-Affäre sehr viel Bauchschmerzen bereitet und sie eine der Themen der Demonstration war, habe ich daran nicht teilgenommen. Denn das Gebahren des US- und des britischen Geheimdienstes war wie gesagt eines der Themen, das aber bunt gemixt wurden mit allem anderen, was die Organisatoren kritisierten. So berichtet (ein offenbar freier Mitarbeiter für) die Neue Osnabrücker Zeitung:
So philosophieren unter schwarz-roten Antifa-Flaggen die Teilnehmer über verschiedene Facetten sozialer Kontrolle, welche es abzuschaffen gilt. Der Anspruch reicht dabei bis in die politische Mitte hinein, wie Köster betont: „Uns ist besonders wichtig, auch Gruppen zu erreichen, die nicht der klassische Resonanzboden für linke Positionen sind“, umreißt er das ambitionierte Anliegen.
Einer der Mitorganisatoren wird weiter zitiert:
„Wir haben nicht nur durch Snowden vom Umfang der gesetzwidrigen Tätigkeiten erfahren, sondern im Verfahren um den Nationalsozialistischen Untergrund auch von den tödlichen Alleingängen dieser Dienste.“
Antifa. Linke Positionen. Guy-Fawkes-Masken (populär als Zeichen im Kampf gegen Scientology). NSA – und NSU.
Bei solchen Vermischungen dreht sich mir der Magen um. Erstens weil die NSA-Affäre komplex genug ist – dieser Blog mag ein Zeichen dafür sein – zum anderen weil NSA und das Versagen der deutschen Behörden in der NSU-Mordserie nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun haben. Und das Motto eines der Plakate, „Freiheit stirbt mit Sicherheit“, ist der schwachsinnigste Satz, den ich seit langem gehört habe.
Die Demonstration hat dennoch gezeigt, wie schwierig Positionen zu der einen oder anderen Sache zu vermitteln sind. Eine Passantin wird zitiert:
„Mir ist gar nicht klar, was die von mir möchten“, zeigt sich Passantin Regine Hörmann irritiert über das Auftauchen des Zugs vor dem Weihnachtsmarkt, „diese Masken finde ich auch nicht gut. Die machen Kindern sicher Angst.“
Vielleicht war diese Demo ein guter Ort, um Kinder zu erschrecken. Meine Meinung zur NSA-Affäre hätte ich dort sicherlich nicht differenziert kundtun können.
Viel zu leicht wäre mein Anliegen politisch-links gedeutet worden. Eine Vorstellung, bei der es mich schüttelt.
Bin ich links, nur weil ich die NSA und damit indirekt die amerikanische Regierung kritisiere? Bin ich ein Bürgerlicher, weil mir die Bürgerrechte am Herzen liegen, vor allem die Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit, die Freizügigkeit sowie das Briefgeheimnis? Weil ich denke, dass diese Errungenschaften eine freie Gesellschaft ermöglichen und unbedingt schützenswert sind? Bin ich ein Konservativer, weil ich die Vorratsdatenspeicherung nicht per se verteufele? Bin ich ein Liberaler, weil ich die Geschäftsmodelle von Google, Facebook und weiteren werbefinanzierten Internetfirmen grundsätzlich akzeptiere und den Nutzern zutraue, die Dienste mit Bedacht zu nutzen?
Das klassische Links-Rechts-Muster hat sich lange überlebt. Politisch-gesellschaftlich engagiert zu sein geht in Zeiten des Internets auch anders. Schön, dass dieser Blog einige Leser hat.