Digitale Pastoral – Macht Kirche Netz?

Aktuelle Projekte 4/5

2019 habe ich meinen ersten Entwurf für die Fortbildung geschrieben – und jetzt, vier Jahre und eine Pandemie später wird sie Realität: eine zweiteilige Seminarreihe für Seelsorger*innen der christlichen Kirchen. Im Kern geht es um die Frage, ob die Kirche im Netz zu der gesellschaftlichen Institution (das Wort Macht verwende ich hier absichtlich nicht) werden kann, die sie in der physikalischen Welt einmal war – und zwar im Blick auf die ureigensten Aufgaben: Da zu sein für die Menschen, die nach wie vor religiöse Bedürfnisse haben, Sorgen mit jemandem teilen wollen oder auf der Suche nach Spiritualität sind. Im Ausschreibungstext habe ich die Ziele der Fortbildung zusammengefasst:

Die Digitalisierung macht auch vor der Kirche nicht halt. Die meisten Gläubigen und Glauben-Suchenden nutzen im Alltag selbstverständlich Apps und Onlinedienste. Doch „die Kirche“ ist in der digitalen Lebenswelt wenig präsent. Glaubensvollzug, Glaubenskommunikation und Seelsorge finden online nur in Einzelfällen statt, und wenn, dann auf Eigeninitative Einzelner und häufig ohne Rückendeckung der Gemeinde-/Kirchenleitung. So vielfältig die Gründe für die digitale Zurückhaltung sind, so gravierend sind die Folgen: Wenn „Kirche“ mit ihren Angeboten nicht in der (auch) digitalen Lebenswelt der Gläubigen präsent ist

, verliert sie – und ihre Deutung der froh machenden Botschaft – weiter an Bedeutung. Doch auch ein positiver Blick auf die Digitialisierung tut der Kirche gut, immerhin bietet sie viele Chancen auf den Kontakt mit Kirchenfernen, übergemeindliche Vernetzung und das Entwickeln neuer kommunikativer, liturgischer und seelsorgerischer Konzepte. 

Der Basiskurs der Fortbildung „Digitale Pastoral“ möchte die Chancen, die sich aus der Digitalisierung für die Kirche ergeben, aufnehmen und auf die Tätigkeiten pastoraler Mitarbeiter*innen herunterbrechen. Eingeladen sind alle im pastoralen Dienst tätige Hauptamtliche, die die digitale Sphäre des kirchlichen Wirkens ergründen und ausprobieren wollen. Die beiden Module geben einen Einblick in Soziale Netzwerke und digitale Ausdrucksformen, reflektieren die theologische Dimension digitaler Kommunikation und suchen nach Antworten auf die Frage, was pastoral Tätige für ihr Wirken im digitalen Raum benötigen. Ein Aufbaukurs, der die erarbeiteten Inhalte vertieft, ist in Planung. 

Ausschreibung Fortbildung “Digitale Pastoral”


Ich hoffe, es wird nicht bei der einzigen Fortbildung dieser Art bleiben und mehr als die 10 Frauen und Männer erreichen, die im ersten Durchgang dabei sind. Der Bedarf an digitalem christlichen Wirken ist weitaus größer.

Medienbuddies – Kindern ihre Macht im Netz zeigen

Aktuelle Projekte 3/5

Ich freue mich sehr, dass mein Kollege Nils und ich den Zuschlag für Mittel aus dem Bundesprogramm Demokratie leben erhalten haben. Das Bundesfamilienministerium fördert unser Projekt Medienbuddies – Gemeinsam stark in Netz und Gesellschaft, in dem wir bis Ende 2024 150 Oberschüler*innen aus dem (sehr ländlichen und deshalb an außerschulischen Angeboten armen Landkreis) Emsland stark gegen die Gefahren im Netz machen wollen. In zwei Tagesworkshops im Ludwig-Windthorst-Haus und fünf Nach- bzw. Vormittagen in der jeweiligen Schule besuchen wir die jungen Menschen in ihrer digitalen Lebenswelt. Gemeinsam mit den (freiwillig teilnehmenden) 12-14jährigen suchen wir gemeinsam nach Antworten auf die Ärgernissen und Gefahren, denen sie im digitalen Alltag begegnen: Hassrede, Falschmeldungen, Datensammler, manipulierende Menschen und Algorithmen, Cybermobbing, falsche Freund*innen und Kettenbriefe.

Methodisch bunt zur*zum Medienprofi!

Ziel des Projektes ist – vergleichbar mit Medienscouts-Initiativen der Bundesländer – die Kids zu ermutigen ihr Wissen an jüngere Jahrgänge weiterzugeben. Die Besonderheit bei den Medienbuddies ist aber, dass unsere Teilnehmer*innen mit Unterstützung der Schule auch die nachfolgende Generation von Buddies ausbilden. Dazu erhalten die Schüler*innen und die betreuenden Lehrkräfte bzw. Schulsozialarbeiter*innen alle methodischen und inhaltichen Materialien

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, die wir selbst verwendet haben, zur Verfügung gestellt (zum Projektende über ein OER, d. h. ein offenes Lernpaket, sogar alle Schulen.) Über die Teams-Plattform werden alle Schulen miteinander vernetzt, sodass sich die Buddies und die Pädagog*innen auch gegenseitig konsultieren können.
So legt das Projekt einen ersten, bei vielen Schulen längst überfälligen Schritt in Sachen nachaltiger Medienbildung. In einer Instagramstory berichten wir über den Fortgang des Projektes.

KI-Kunst: Wir und die Macht Kunst zu definieren

KI-generiertes Bild im stil einer Farbzeichnung. Nachtszene, Menschen mit Regenschirmen vor Wolkenkratzern mit asiatischen Schriftzeichen, Leuchtreklamen spiegeln sich auf dem nassen boden
A Night of Colours. Stable Diffusion 1.5, Konzept: Michael Brendel. Titelgebung durch ChatGPT 3 auf Basis des Midjourney-Prompts.

Im Jahre 2023 ist die Kreativszene ist in Aufruhr. Midjourney und andere Bildgeneratoren können mit nur einer Befehlszeile ansehnliche fotorealistische Darstellungen

, Collagen, Logos oder Motive im Stile berühmter Künstler*innen erstellen. Dabei kommen immer wieder Objekte heraus, die, wären sie von Menschen erstellt, als Kunst gelten würden. Doch wo steckt in diesen Werken die Kunst? In der Idee für den Eingabebefehl, in dem Konzept, das die*der Kunstschaffende erdacht hat, in den Werken, mit denen der Bildalgorithmus trainiert wurde – oder nicht zumindest auch ein bisschen im Algorithmus selbst? Ich bezweifle, ob irgendjemand diese Frage ohne einen Restzweifel beantworten kann. Es ist gerade diese Ungewissheit, die vielen Kreativen Kopfzerbrechen bereitet: Werden wir künftig noch gebraucht? KI-Algorithmen können Lyrik verfassen und Bilder erstellen (Videos werden bald folgen), aber auch Beats bauen, Singstimmen erschaffen, komponieren. Selbst wenn es nur um die “Gebrauchskunst” geht, die KI gut, schnell und billig hinkriegt, beispielsweise Popularmusik oder Grafikdesign, dann kann ich die Sorgen der in diesem Bereich Tätigen verstehen. Hunderttausende Musiker*innen, Produzent*innen, Fotograf*innen leben von der Alltagskunst.
Und die Frage nach der Macht im Netz stellt sich hier ebenfalls: Sind wir Internetnutzer*innen darauf vorbereitet, künftig exponentiell mehr Falschmeldungen made by ChatGPT und Fakefotos made by Midjourney zu sehen, wenn sie nicht eindeutig als solche gekennzeichnet sind? Woher nehmen wir neue Bewertungskriterien für Onlineinhalte, wenn wir nicht einmal wissen, ob der Autor des Textes oder des Bildes dabei überhaupt eine Intention hatte? (KIs haben natürlich keine.)

In einer Ausstellung – der ersten, die ich je konzipiert habe – möchte ich der Frage nach der Natur der Kreativität auf die Spur kommen. Sie wird am 3. Juli im Ludwig-Windthorst-Haus eröffnet und ist dort bis zum 30. September zu sehen. Zur Ausstellungseröffnung spreche ich mit einer Kunsthistorikerin und einem KI-affinen Künstler. Herzliche Einladung auch hierzu!