KI-Kunst: Wir und die Macht Kunst zu definieren

KI-generiertes Bild im stil einer Farbzeichnung. Nachtszene, Menschen mit Regenschirmen vor Wolkenkratzern mit asiatischen Schriftzeichen, Leuchtreklamen spiegeln sich auf dem nassen boden
A Night of Colours. Stable Diffusion 1.5, Konzept: Michael Brendel. Titelgebung durch ChatGPT 3 auf Basis des Midjourney-Prompts.

Im Jahre 2023 ist die Kreativszene ist in Aufruhr. Midjourney und andere Bildgeneratoren können mit nur einer Befehlszeile ansehnliche fotorealistische Darstellungen

, Collagen, Logos oder Motive im Stile berühmter Künstler*innen erstellen. Dabei kommen immer wieder Objekte heraus, die, wären sie von Menschen erstellt, als Kunst gelten würden. Doch wo steckt in diesen Werken die Kunst? In der Idee für den Eingabebefehl, in dem Konzept, das die*der Kunstschaffende erdacht hat, in den Werken, mit denen der Bildalgorithmus trainiert wurde – oder nicht zumindest auch ein bisschen im Algorithmus selbst? Ich bezweifle, ob irgendjemand diese Frage ohne einen Restzweifel beantworten kann. Es ist gerade diese Ungewissheit, die vielen Kreativen Kopfzerbrechen bereitet: Werden wir künftig noch gebraucht? KI-Algorithmen können Lyrik verfassen und Bilder erstellen (Videos werden bald folgen), aber auch Beats bauen, Singstimmen erschaffen, komponieren. Selbst wenn es nur um die “Gebrauchskunst” geht, die KI gut, schnell und billig hinkriegt, beispielsweise Popularmusik oder Grafikdesign, dann kann ich die Sorgen der in diesem Bereich Tätigen verstehen. Hunderttausende Musiker*innen, Produzent*innen, Fotograf*innen leben von der Alltagskunst.
Und die Frage nach der Macht im Netz stellt sich hier ebenfalls: Sind wir Internetnutzer*innen darauf vorbereitet, künftig exponentiell mehr Falschmeldungen made by ChatGPT und Fakefotos made by Midjourney zu sehen, wenn sie nicht eindeutig als solche gekennzeichnet sind? Woher nehmen wir neue Bewertungskriterien für Onlineinhalte, wenn wir nicht einmal wissen, ob der Autor des Textes oder des Bildes dabei überhaupt eine Intention hatte? (KIs haben natürlich keine.)

In einer Ausstellung – der ersten, die ich je konzipiert habe – möchte ich der Frage nach der Natur der Kreativität auf die Spur kommen. Sie wird am 3. Juli im Ludwig-Windthorst-Haus eröffnet und ist dort bis zum 30. September zu sehen. Zur Ausstellungseröffnung spreche ich mit einer Kunsthistorikerin und einem KI-affinen Künstler. Herzliche Einladung auch hierzu!

Generative KI-Systeme: Wir und die (schwindende) Macht die Revolution zu gestalten

Aktuelle Projekte 1/5

Der KI-Chatbot ChatGPT von OpenAI treibt mich seit Anfang des Jahres um. In der Februarfolge meines Podcasts Das glaub’ ich gern. habe ich mit dem System über “Gott und die Welt” geredet und dabei mehr als eine Überraschung erlebt. Die Bistumszeitung Kirchenbote hat darüber berichtet.

Ein Befehl in Umgangssprache, und ChatGPT spuckt einen Content Plan für die Social Media-Arbeit der Caritas aus. Quelle: ChatGPT 4, Prompt: M. Brendel

Die Veränderungen, die Anwendungen der generativen KI – also große Sprachmodelle wie GPT4, Bildgeneratoren wie Midjourney und Dall-E 2 sowie KI-gestützte Audio- und Videoanwendungen mit sich bringen

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, sind noch nicht genau vorhersehbar. Klar ist aber: In der Gesellschaft, der Politik, der Bildung, Teilen der Wirtschaft und auch der Kultur wird es zu Umbrüchen kommen. Gut möglich, dass die Disruption so stark ist wie bei den vorhergenden vier Industriellen Revolutionen. Umso dringender sollten wir bei dieser Revolution sicher stellen, dass davon nicht nur wenige Menschen und Konzerne unmittelbar profitieren. Und da sind wir beim Motto dieses Blogs: Wir müssen jetzt überlegen und definieren, jede*r für sich und in ihren*seinen Kreisen, was wir von Künstlicher Intelligenz wollen und was nicht! Nur als aufgeklärte und verantwortungsvoll agierende Menschen können wir das kleine Zeitfenster, dass sich für eine Mitbestimmung der kommenden Veränderungen vielleicht noch bietet, nutzen. Um ehrlich zu sein, bin ich in den letzten Monaten fatalistisch geworden. In meinem Buch Künftige Intelligenz habe ich 2019 noch voller Engagement gefordert, dass es Zeit sei das “wichtigste Gespräch unserer Zeit” zu beginnen. Doch in der breiten Gesellschaft und der Politik ist dieses Gespräch ausgeblieben. Und ich befürchte nun, dass der Zug einer möglichen Mitbestimmung der KI-Zukunft gerade langsam an uns vorbei fährt. Das Bild des KI-Zuges stammt (wenn auch in einem etwas anderen Kontext) von dem schwedischen Philosophen Nick Bostrom, und ich denke, es skizziert unsere jetzige Situation sehr passend:

Der Zug wird in Menschendorf nicht anhalten oder auch nur abbremsen, sondern wahrscheinlich einfach durchrasen.

Nick bostrom “Superintelligenz”, 2016


Wie können wir aus den aktuellen KI-Entwicklungen das Beste für uns und unsere Mitmenschen herausholen? Ich freue mich, dass ich in mehreren Bildungsformaten Referent zu dem Thema sein darf – unter anderem für die Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung, den CVJM, das Missionsgymnasium Bardel, den VHS-Verbund eL4 und das Kompetenzzentrum für Lehrkräftefortbildung. Daneben findet am 7. September 2023 ein offener Akademieabend im Ludwig-Windthorst-Haus Lingen statt, zudem ich herzlich einlade.

OK Google – kann ich dir trauen?

Hätte ich vor einem Jahr gedacht, dass in meinem Haus je Sprachassistenten zum Einsatz kommen würden? Sicher nicht. Seit dem Herbst tun sie es jedoch; vier kleine Lautsprecher, die auf das Kommando “Hey Google” reagieren, haben Einzug in unsere Familie gehalten.

Die Smart Speaker geben mir die Möglichkeit, auf Zuruf beim Duschen Classic Rock zu hören, beim Putzen Rockhits der 80er und beim Spülmaschine-Ausräumen das Radiomagazin “Echo des Tages”. Meine Kinder haben so selbständigen Zugriff auf ihre Lieblingslieder und Hörspiele, die in unserem seit langem CD-freien Haushalt ansonsten (im Zweifel von meiner Frau oder mir) von der Netzwerkfestplatte gekramt werden müssten. Kurzum: Die Smart Speaker bieten der ganzen Familie Komfort. Ein “Hey Google” genügt (was bei unserer Kleinen noch ein “Hey Dudel” ist, was sie fürchterlich aufgegt, denn dann reagieren die Dinger natürlich nicht).

Der Komfort steht auf der einen Seite. Ich habe dennoch kräftig abgewogen, ob ich die Lautsprecher in unser Haus lasse. Denn Smart Speaker sind aus Datenschutzsicht höchst umstritten:

  1. Um auf Kommando aktiv werden können, hören die Speaker dauerhaft den Raum ab. Bei uns sogar mehrere Räume. Da kommen eine Menge Informationen zusammen, die Google als einen der größten Datensammler natürlich interessieren. Im Gegensatz zu anderen Firmen, und das habe ich auf diesem Blog schon mehrfach gewürdigt, geht Google mit der Datensammelei aber vergleichsweise transparent um. Vor allem gibt der Konzern den Nutzer*innen die Möglichkeit an die Hand, die Datensammlung zu begrenzen – und damit den Umsatz, den sie dem Unternehmen bescheren. Über die Privatsphäre-Einstellungen des Google-Kontos, das für die smarten Lautsprecher ebenso nötig ist wie beispielsweise für die Einrichtung eines Android-Handys, kann die Nutzung der Daten für individueller Werbeeinblendungen untersagt werden. Noch relevanter ist, dass auch die Anzeige von personalisierten Google-Suchergebnissen deaktiviert werden kann, die das Problem der “Filterblase” und die Gefahr einer verzerrten Weltwahrnehmung mit sich bringt. Ich verweise hier gerne noch einmal auf mein Buch “Die Mensch-App“, die diese Zusammenhängen beleuchtet.
    Im Privatsphäre-Menü des Google-Kontos können alle Situationen, in denen Googles Sprachassistenten (auch die auf dem Smartphone genutzten) aktiviert wurden, nachgehört und gelöscht werden. Zuguterletzt ist die Verknüpfung mit Googlemail und den Google-Kalendereinträgen (an die der Speaker z. B. erinnern kann) optional – und bei mir ausgeschaltet, nicht zuletzt deshalb, weil ich die Dienste nicht nutze.
  2. Solche Möglichkeiten bietet Amazons Alexa / Echo-Lautsprecher nicht. Deren Spracheingaben können zwar seit einigen Wochen nachgehört und gelöscht werden. Die Verwendung der Daten in Amazons Empfehlungsalgorithmus kann aber nicht deaktiert werden, geschweigedenn der Empfehlungsalgorithmus grundsätzlich – also das Pendant zu Googles personalisierter Werbung / Suchergebnissen. So populär Alexa und ihre Schwestern sind: Sie sind nichts anderes als smarte Verkaufsassistenten – und zwar für einen Laden , der die Menschenwürde seiner Beschäftigten mit Füßen tritt.
  3. Ein Herausforderung bringen jedoch alle Sprachassistenten mit sich; auch die von Apple müssen hier genannt werden, denn der Konzern ist ebenfalls mit seinen “Homepod”-Speakern am Markt und dessen Dienst “Siri” auf vielen Iphones und Ipads installiert. Das Problem: Die Aktivierungswörter (“Alexa”, “Hey Siri” oder eben “OK Google”) werden nicht immer richtig verstanden und ähnlich klingende Begriffe lösen häufig die Aufnahme aus (hier eine interessante Studie dazu). So werden auch Gespräche, Informationen, Inhalte mitgeschnitten, die nicht für den Sprachassistenten bestimmt sind. Gerade dann, wenn Fremde Teil der Konversation sind, die also nicht über die Assistenten Bescheid wissen (beispielsweise Besucher im Wohnzimmer), kann das tatsächlich zu Verletzungen der Privatsphäre führen. In unserem Haushalt umgehen wir dieses Problem mit einer altmodischen, aber sehr effektiven Methode: schaltbaren Steckdosen. Wenn der Assistent nicht lauschen soll, wird ihm einfach der Saft abgedreht.
    Doch bei Sprachassistenten, die auf dem Handy laufen, also Siri, dem Google Assistant oder Alexa, geht das natürlich nicht. Wenn sich der Assistent während eines intimen Gesprächs im Restaurant aktiviert, nur weil man zwischen durch einen Daiquiri (“Hey, Siri”) bestellt, werden sensible Infos aufgenommen. Und wer informiert seinen Gesprächspartner schon darüber, dass in seinem Handy ein smarter Assistent auf Befehle wartet?
  4. Daneben wurden bzw. werden die Sprachkommandos und Reaktionen der Assistenten hin und wieder anonymisiert von echten Menschen überprüft. Wegen deutlichem juristischen Gegenwind haben Google und Apple die Überprüfung letztes Jahr ausgesetzt, Google will sie künftig nur mit ausdrücklicher Zustimmung der*des Nutzer*in wieder einführen; Alexa bietet immerhin die Möglichkeit, die grundsätzlich erlaubte Verwendung abzuschalten. Doch das Geschmäckle bleibt natürlich, gerade im Blick auf mögliche “Fehlauslösungen” (auch wenn diese durch die menschliche Analyse gerade minimiert werden sollen.)

Ich habe es mir also nicht leicht gemacht und hadere tatsächlich hin und wieder mit mir, ob die Anschaffung meiner vier Google-Speaker richtig war – das aber vor allem aus medienpädagogischen Überlegungen. Wie wachsen meine Kinder auf, wenn Informationen und Medienkonsum nur einen Ruf entfernt sind? Was müssen Sie über die dahinter stehende Technik, den möglichen Missbrauch und die Geschäftsmodelle des Herstellers wissen? Doch das sind offenkundig Themen für einen anderen Blog….