Wieder einmal hat das europäische Parlament eine Entscheidung im Sinne der Bürger getroffen: Das Parlament, für deren Initiativen, Mehrheitsbeschlüsse und Denkanstöße ich Hochachtung empfinde, will aus Verärgerung über die NSA-Affäre das Swift-Abkommen mit den USA aussetzen. Hintergrund: Der internationale Bankverkehr, in dem Swift eine große Rolle spielt, wird ebenfalls durch den Geheimdienst abgehört.Leider geht die EU-Kommission den vom Parlament vorgeschlagenen Weg nicht mit – hier ist man offensichtlich um das gute Verhältnis zu den USA und die vielfältigen Wirtschaftsbeziehungen besorgt. So verständlich diese Sorgen sind, wünsche ich mir von der Kommission ähnlich viel Mut wie die Parlamentarier heute bewiesen haben. Ein wichtiges Zeichen ist das Nein aus Straßburg allemal.
Ein Skandal in nicht zu überbietendem Ausmaß wäre es, wenn die NSA, wie heute Abend von SpOn gemeldet, wirklich das Handy der Bundeskanzlerin überwacht hätte. Merkel schenkte den Rechercheergebnissen offenbar Glauben und beschwerte sich daraufhin telefonisch bei Präsident Obama. Von Vertrauensbruch war in dem Gespräch die Rede, sagte ihr Sprecher danach.
Die Antwort des Präsidenten gab ebenfalls sein Sprecher (zumindest gegenüber den Medien): Es gäbe keine Überwachung von Merkels Handy.
Über die Vergangenheit sagte er nichts.
Ich würde zwei Sachen gerne wissen: Was die Mitmenschen nun sagen, die das NSA-Gebahren immer noch durch den Schutz vor Terror legitimiert sehen, und… was im Kopf der Kanzlerin vorgeht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihre gegenüber den USA geäußerte Solidarität heute nicht an ihre Grenzen gekommen ist, falls sie die innerlich überhaupt empfindet. Behält sie gegenüber den USA die Politik der ruhigen Hand bei – kann sie das nach solch einem Vorfall überhaupt noch?
Der heutige Tag zeigt: Es regt sich Widerstand in der Politik, das ist gut. Traurig nur, dass es dafür immer neue Anlässe gibt. Als wäre das, was wir dank Edward Snowden bereits wissen, nicht genug, um die Diplomatie in der westlichen Welt von Grund auf zu hinterfragen, sie auf die Bürgerrechte hin neu auszurichten und eine freie, transparente, friedliche und durchweg demokratische Gesellschaft anzustreben.